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Miss Mutig: Lena Jensen

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Miss Mutig: Lena Jensen

Lena Jensen

Lena Jensen

Ich möchte Betroffnen von sexualisierter Gewalt eine Stimme geben.

Sie ist eine echte Kämpfernatur! Lena Jensen hatte keinen leichten Start ins Leben und hat es dennoch geschafft, ihre innere Stärke zu finden. Als Kind wurde die heute 28-Jährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Doch es ist ihr gelungen, das Trauma zu überwinden und ihre Träume zu leben. Als Schauspielerin, Finanzberaterin und Influencerin geht sie selbstbewusst ihren Weg – und hat es mit ihrer positiven Energie sogar unter die aktuellen Top 10 der Miss Germany Wahl gebracht. Durch die Teilnahme an diesem Format hat sie auch den Mut gefunden, ihr jahrelanges Schweigen über den Missbrach zu brechen, um für Aufklärung zu sorgen und anderen Betroffenen zu helfen, ebenfalls ihre Stimme zu finden. Im Interview verrät sie, wie sie es geschafft hat, ihre Ängste zu überwinden, und warum es so wichtig ist, in der Gesellschaft offen über sexualisierte Gewalt zu sprechen…

Wie hast du als Kind die Zeit des Missbrauchs und die danach erlebt?

Zwischen 2 und 6 Jahren wurde ich von Menschen, die mir sehr nahestanden, sexuell missbraucht. Als die Tat von meiner Mutter aufgedeckt wurde, waren wir direkt bei der Polizei. Dort wurde der Missbrauch nachgewiesen, allerdings reichte meine Aussage allein nicht aus, um auch die Täter zu verhaften. Bis heute haben sie noch Kontakt zu Kindern und leben weiter ihr Leben. Wir als Familie wiederum mussten umziehen, den Namen wechseln und uns von den Erlebnissen erst mal wieder erholen. Meine kindliche Logik verstand damals nicht, warum die „Bösen“ keine Strafe bekamen und fühlte sich sehr schuldig für die Belastung, die ich meiner Familie zugemutet habe. Heute weiß ich, dass es das Richtige war, das Geheimnis zu erzählen. Denn Schuld, tragen nicht die Eltern, die es nicht bemerken, nicht die Betroffenen, die sich nicht wehren, sondern allein die Täter*innen! 

Welche psychischen Folgen hatten die schlimmen Erfahrungen, die du machen musstest?

Durch den Missbrauch hatte ich Angst vor Menschen, Wasser und allem, was laut und schnell war. Ich stotterte und mein gesamter Körper war sehr fest. Ich mochte mich nicht duschen, allgemein Hygiene und alles, was mit dem Körper zu tun hat, bekam Neurodermitis und hatte eine auffällige Verhaltensstörung. Wegen einiger Sachen war ich auch schon während des Missbrauches in ärztlicher und psychologische Behandlung, aber leider bemerkte niemand etwas. 

Lena Jensen

Wie hast du es geschafft, die Erlebnisse zu verarbeiten?

Mit einer Therapie! Über einen langen Zeitraum wurde bei mir die EMDR Therapie angewandt und diese hat dazu geführt, dass ich alle Erlebnisse sehr gut verarbeiten konnte. Mein Verhalten danach „umzulernen“, war allerdings schwierig. Wenn man aufwächst und lernt, dass Gewalt zufügen Liebe zeigen bedeutet, muss man erst mal wieder alles auf 0 setzen und das Leben neu kennenlernen. Aber auch danach bin ich immer wieder den Weg der Angst gegangen, bin aus meiner Komfortzone gestiegen und wachse bis heute stetig daran. 

Was hat dir den Anstoß dazu gegeben, öffentlich über den Missbrauch zu sprechen?

Meine Bewerbung bei Miss Germany! Als ich den Aufruf gesehen habe, dass sie Menschen suchen, die Verantwortung tragen wollen und in der Welt etwas bewegen können, habe ich mich direkt angesprochen gefühlt. Was nützt es, dass ich zwar eine Therapie bekommen habe, mein Leben zurück erkämpft habe und die Täter trotzdem draußen weiter machen können und weitere Kinderseelen kaputt gemacht werden. Mein Leben lang habe ich diese Seite in mir geheim gehalten, damit ich die Möglichkeit habe als „normal“ wahrgenommen zu werden. Aber ich spürte, dass es an der Zeit war, mein Schweigen zu brechen und meine Kraft zu nutzen, bei diesem Thema für Aufklärung zu sorgen und Mut zu schenken. Und das mache ich jetzt auch!

Wer oder was hat dir dabei geholfen, deine Erfahrungen so offen zu teilen?

Meine Familie! Sie hat von Anfang an gesagt: „Das Thema wird hier nicht unter den Teppich gekehrt. Es gehört zu dir und wir geben dem Thema einen Namen und einen Raum.“ Das hat uns den Schrecken genommen.

Lena Jensen

Du bist heute nicht nur erfolgreich auf Instagram & TikTok, als Model sowie als Finanz-Beraterin, sondern stehst aktuell auch im Halbfinale der „Miss Germany“-Wahl. Was bedeutet die Teilnahme an diesem Wettbewerb für dich?

Welche Message möchtest du anderen Menschen mit auf den Weg geben?

Ich möchte Betroffnen von sexualisierter Gewalt eine Stimme geben. Ich möchte sichtbar machen, wie viele es sind, und ermutigen das Schweigen zu brechen und somit den Täter*innen den Schutz zu nehmen. Um so öfter wir darüber sprechen, um so mehr nimmt es den Schrecken, den es mit sich bringt, um so selbstverständlicher wird es und um so mehr sieht man sein Ausmaß und das etwas getan werden muss. 

Ich möchte mich dafür einsetzen, dass es für Menschen einfacher wird eine Therapie zu bekommen und zeigen, dass eine Therapie zu machen nicht „schwach“ sein bedeutet. Denn wer so reflektiert ist an sich zu arbeiten, ist stärker als der, der es ignoriert. 

Weitere Infos zu LENA JENSEN erhaltet Ihr HIER:


Fotos: © Andreas Heist, © Kevin Loose, © Joris Gärmer

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