Tina Jacobsen
“Uns war irgendwann klar, dass wir nicht wieder zurück in unser altes Leben wollen, sondern einen Platz für uns finden möchten, an dem wir unseren Alltag leichter mit unserm Familienleben vereinbaren können.”
13 Quadratmeter, 28.000 Kilometer und 12 Monate Zeit – Tina Jacobsen und ihre Familie haben ihre Wohnung in Hamburg Altona gegen einen Camper getauscht und sind ein Jahr lang quer durch Europa und Nordafrika gereist. Zurück gekommen sind sie nicht nur mit vielen Erinnerungen, sondern auch mit einem Buch im Gepäck, das Tina Jacobsen während der Reise geschrieben hat. In “Our Life is better outside” will sie anderen Familien, die auch von einer Auszeit on the Road träumen, Tipps und Ideen rund um die Reise mit auf den Weg geben – von der Vorbereitung bis zum Camper-Alltag. Uns hat die zweifache Mutter verraten, wie sie auf die Idee für ihr Buch gekommen ist, welche Herausforderungen sie unterwegs meistern mussten und wie die Reise ihr Familien-Leben nachhaltig verändert hat
Welche Motivation steckte hinter eurer Reise?
Von einer langen Reise mit dem Camper durch Europa haben wir eigentlich schon immer geträumt. In der ersten Elternzeit, dann in der zweiten wieder, aber irgendwas war immer, warum es doch nicht gepasst hat, loszufahren. In unserem Alltag in Hamburg haben wir uns total wohlgefühlt, aber uns auch immer wieder die Frage gestellt, wie und wo wir denn eigentlich langfristig leben wollen. Und wie es eben so ist, berufstätig mit zwei kleinen Kindern in der Großstadt – zu einer Entscheidung sind wir nicht wirklich gekommen. Dafür hat uns letztendlich immer die Zeit gefehlt. Ein Schicksalsschlag in der Familie hat uns dann ziemlich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wir haben gemerkt, wie kostbar die Zeit ist und dass wir eine Entscheidung für uns und unsere Kinder treffen müssen. Aber im Alltag haben wir das einfach nicht hinbekommen. Also kam die Idee mit der Reise wieder auf und irgendwie hat es sich plötzlich richtig angefühlt und wir haben es geschafft, jedes „aber“ aus dem Weg zu räumen.
Wie sahen eure Vorbereitungen aus?
Wir haben den Entschluss für die Reise ganz final im Dezember gefällt und sind Anfang April losgefahren. So wahnsinnig viel Zeit hatten wir also gar nicht für die Vorbereitung. Wir haben beide in den drei Monaten auch noch superviel gearbeitet und uns eher nebenbei um die Reisevorbereitungen gekümmert. Arne hat sich um alles rund ums Auto gekümmert, Solar auf dem Dach verlegt, einen W-Lan-Router eingebaut und sich verschiedene Sachen einfallen lassen, um den Stauraum im Auto möglichst effektiv zu nutzen. Ich habe die Wohnungsauflösung in Hamburg organisiert, gepackt und gemeinsam haben wir über eine mögliche Route nachgedacht.
Tina Jacobsen mit ihrem Mann Arne und den beiden Söhnen Emil und Anton
Was war das Schönste, das ihr unterwegs erlebt habt?
Das ist schwer, in einem Jahr ist wirklich viel passiert! Weihnachten in Marokko war auf jeden Fall ein Highlight, unsere Zeit in Nordspanien und natürlich Portugal. Emil hat schwimmen gelernt, Anton Fahrrad fahren. Wir haben wahnsinnig viele tolle Leute kennengelernt. Menschen, mit denen wir jetzt immer noch sehr viel Kontakt haben und die mittlerweile zu unseren engen Freunden zählen. Klar mag man denken, das Beste an so einer Reise ist, ständig an wunderschönen neuen Plätzen zu sein. Die Welt zu sehen und zu erkunden, frei zu sein und wenn man möchte, jeden Tag surfen zu gehen. Das ist auch alles ganz sicher richtig toll und wir haben es sehr genossen, für uns ist es im Nachhinein aber etwas anderes. Das Beste an unserer Reise war tatsächlich, irgendwann unterwegs festzustellen, dass wir Zeit haben. Zeit für uns, Zeit für die Kinder und vor allem Zeit für unseren Alltag als Familie.
Was war die größte Herausforderung?
Ich glaube, die größte Herausforderung unterwegs war für uns alle, unsere Rollen in unserem neuen Familienalltag zu finden. Wir mussten uns natürlich am Anfang auch erst mal an die neue Situation gewöhnen – 24h rund um die Uhr zusammen und das auf 13 qm. Unsere Kinder waren, bevor wir losgefahren sind, fünf Stunden am Tag im Kindergarten und die Reibung mit gleichaltrigen und anderen Erwachsenen ist plötzlich weggefallen und musste von uns als Familie kompensiert werden. Natürlich hatten wir auch unterwegs „schlechte Tage“ und kleine Streitereien – die hätte es aber vermutlich genauso auch in Hamburg gegeben. Wir sind mit der Zeit viel bewusster im Umgang untereinander geworden. Wir haben uns mehr Zeit genommen, Dinge als Familie zu besprechen und gemeinsam Regeln festzulegen. Gleichzeitig aber auch mehr auf den Einzelnen und seine Wünsche einzugehen.
Wie bist du auf die Idee für das Buch gekommen?
Als der Plan feststand, dass wir bald losfahren werden, war eine der ersten Sachen nach denen ich gesucht habe ein Buch. Ein Buch von jemandem, der eine ähnliche Reise gemacht hat und gesammelt viele der Fragen beantwortet, die wir uns gestellt haben. Wie findet man die besten Stellplätze, was macht Sinn einzupacken, wie bekommen wir auf dem einfachsten Weg unterwegs Internet usw.? Ein Buch, das inspiriert, informiert und von Erfahrungen erzählt. Tatsächlich habe ich zu der Zeit nichts Passendes gefunden. Der Gedanke, dass es so etwas in der Form, wie ich es mir vorgestellt habe, noch nicht gibt, hat mich die ganze Zeit über nicht losgelassen und nach sechs Monaten unterwegs habe ich den Entschluss gefasst, selbst genau dieses Buch zu schreiben. Ich habe lange in einem Verlag gearbeitet, habe noch Kontakt zu einem guten Freund aus dieser Zeit, der mittlerweile als Freelancer für Design und redaktionelle Inhalte in Hamburg arbeitet. Von Portugal aus habe ich ihn angerufen und ihm von meiner Idee erzählt. Er war sofort überzeugt und wir haben entschieden, dass Buch gemeinsam zu machen.
Was möchtest du deinen Leser*innen mit auf den Weg geben?
In den zwölf Monaten unterwegs haben wir viel gelernt. Wir haben viel erlebt, sind was das ganze Campingthema angeht, schlauer geworden. Wir können jetzt mehrere der Fragen, die auch wir im Vorhinein hatten, beantworten. Und genau das will ich mit meinem Buch gerne machen. Ich will keine Gebrauchsanweisung vorgeben, wie so eine Reise auszusehen hat, sondern unsere Geschichte teilen und zeigen, dass es immer Möglichkeiten gibt. Dass man das machen kann, wenn man es wirklich möchte. Weil wir es auch konnten. Und es lohnt sich!
Welche Erkenntnisse nehmt ihr selbst aus eurer Reise mit?
Ganz klar: Wir brauchen viel weniger Platz, als wir ursprünglich dachten. Und wir brauchen auch viel weniger Kram um uns herum. Eigentlich fühlt es sich ganz schön an, nicht so viel zu besitzen und sich von dem äußeren Druck freimachen zu können. Wir haben unser Hab und Gut schon vor der Reise sehr minimiert und das gleiche haben wir noch mal gemacht, als wir zurückgekommen sind. Die Erkenntnis, dass wir zu viert auf so engem Raum für so eine lange Zeit entspannt sein können, war für uns alle superwichtig und schön. Auch für die Kinder war diese Reise das Beste, was wir überhaupt machen konnten, und uns war allen absolut klar, dass wir die viele Zeit, die wir in dem Jahr als Familie hatten, nicht wieder kampflos aufgeben wollen.
Wie hat die Auszeit euren heutigen Alltag verändert?
Bevor wir losgefahren sind, haben wir mitten in Altona gewohnt. Die Vorstellung, wieder zurück in die Stadt zu gehen, war ehrlichgesagt ziemlich schnell ziemlich komisch, obwohl wir unser Leben in Hamburg sehr gerne gemocht haben. Unter der Woche hat Arne die Kinder morgens und abends jeweils eine halbe Stunde gesehen, die Wochenenden waren immer unser Highlight, aber auch leider oft verknüpft mit sehr großen Erwartungen, die sich dann manchmal auch nicht erfüllen ließen. Wir haben gesehen, wie sich unsere Kinder unterwegs entwickelt haben. Wie gut es ihnen getan hat, so viel Zeit in der Natur zu verbringen, wie mutig, offen und neugierig die beiden geworden sind. Außerdem wurde für uns alle die eh schon vorhandene Liebe zum Meer noch viel intensiver. Uns war also irgendwann klar, dass wir nicht wieder zurück in unser altes Leben wollen, sondern einen Platz für uns finden möchten, an dem wir unseren Alltag leichter mit unserm Familienleben vereinbaren können.
Zum Nachlesen: Unterwegs mit Familie Jacobsen
Die perfekte Lektüre für alle, die auch den Traum vom Familien-Sabbatical in die Tat umsetzen wollen: In “Our life is better outside” (Notiz Verlag) erzählt Tina Jacobsen nicht nur die Geschichte ihrer Familie, die sich bewusst Zeit und Raum genommen hat, um gemeinsam herauszufinden, was für sie wirklich wichtig ist, sondern liefert auch einen extrem informativen Ratgeber. Das Buch punktet mit vielen Ideen für die Reise-Vorbereitung, Alltagstipps für ein Leben on the Road und familienfreundlichen Stellplätzen in Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und Marokko.
Hier findet Ihr Mehr Infos zu Tina und ihrem Buch:
Fotos: © Tina Jacobsen
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