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Hilft Sprachbarrieren zu überwinden: Sophia Funck

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Hilft Sprachbarrieren zu überwinden: Sophia Funck

Sophia Funck

Sie hilft Sprachbarrieren zu überwinden: Neben ihrem Studium der Wirtschafts- und Gesundheitswissenschaften engagiert sich die 22-jährige Sophia Funck für „Dialog in Deutsch“, ein Projekt, das Sprachtraining für Ausländer anbietet. Dafür wurde sie sogar schon vom Bundespräsidenten geehrt. Uns erzählt sie mehr…

Wie lange bist du schon bei „Dialog in Deutsch“ dabei?

Das sind mittlerweile zweieinhalb Jahre. Im November 2013 habe ich angefangen. Es war schon immer mein Wunsch, mich ehrenamtlich zu engagieren. Aber während der Schulzeit und im ersten Jahr nach dem Abitur, als ich noch Jura studiert habe, hatte ich keine Zeit dazu. Als ich dann im August 2013 das Jurastudium abgebrochen habe und dann bis zum Beginn des neuen Studiums ein sogenanntes Gap-Year hatte, hab ich endlich die Zeit für ein Ehrenamt gefunden und so bin ich dann auch zu Dialog in Deutsch gekommen.

Wie bist du auf das Projekt aufmerksam geworden?

An der Uni Hamburg habe ich viele internationale Studenten kennen gelernt und meine Begeisterung für fremde Kulturen entdeckt. Daraufhin habe ich mich im Internet informiert. Es gab wirklich wahnsinnig viele Projekte. „Dialog in Deutsch“ hat mich sofort angesprochen und dann habe ich dort einfach angerufen. Die damalige Projektleiterin war auch sehr jung und wir verstanden uns gut; so entwickelte sich das.

Wie ist das Projekt organisiert – hast Du für das Sprachtraining eine feste Klasse mit immer denselben Schülern?

Nein, überhaupt nicht. Es kann jeder kommen, da es ohne Anmeldung und Kosten läuft. Ich weiß vorher nie, wer da sitzen wird. So ist auch immer ein gewisses Improvisationstalent gefragt. Allerdings sind nicht jede Stunde nur neue Gesichter da, sondern es bildet sich auch ein fester Kern. Ich finde es besonders schön, wenn man die Möglichkeit hat, die Teilnehmer immer besser kennenzulernen und so auch ihre Entwicklung bezüglich der Sprachkenntnisse, aber auch was ihr soziales und berufliches Leben in Deutschland angeht, mitverfolgen zu können. Es ist toll, welch großen Ehrgeiz die Teilnehmer haben die deutsche Sprache zu lernen und hier einen Beruf auszuüben.

Also haben die Schüler auch unterschiedliche Kenntnisse…

Das ist das Schwierigste: Allen gerecht zu werden mit dem was wir da anbieten. Es kommen nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Berufstätige aus Nachbarländern, die in Deutschland arbeiten oder Menschen, die wegen ihres Partners hergekommen sind. Einige können gerade einmal sagen, wie sie heißen, andere sind seit zehn Jahren hier. Da hofft man immer, dass man alle Sprachniveaus unter einen Hut bekommt und man jedem etwas bieten kann. Meist klappt das aber ganz gut. Die Teilnehmer lernen auch voneinander sehr viel. So helfen die Fortgeschrittenen den Anfängern. Sie haben untereinander eine tolle Verständigung.

Wie kann man sich typische Stunde vorstellen?

Jeder macht das anders, die einzige Vorgabe der Projektleitung ist, dass wir politische und religiöse Themen außen vor lassen. Ich nehme dann meistens allgemeine Themen wie Freundschaft, Glück, Träume oder Helden. Bevor wir uns aber inhaltlich mit den Themen beschäftigen, machen wir immer eine kleine Vorstellungsrunde, in der jeder nur Vornamen und Herkunftsland nennt. Das ist immer schon der erste schöne Moment, wenn man sieht, wie viele unterschiedliche Nationen an einem Tisch zusammensitzen. Das Ganze findet eben wirklich in einer gemütlichen Atmosphäre um einen großen Tisch mit Kaffee und Keksen statt und soll nicht so sehr Unterricht, sondern viel mehr Gespräch sein. Dennoch haben wir ein paar Elemente, die man aus der Schule kennt, wie z.B. eine Tafel. Diese nutze ich gerne für den Einstieg in ein Thema, um eine Mindmap beispielsweise zur Freundschaft zu erstellen. Das ist besonders für die Teilnehmer mit niedrigen Sprachniveaus gut, denn sie brauchen hier nur ein paar Worte sagen. Für den weiteren Verlauf der Stunde verteile ich gerne Karten mit Fragen oder Statements zu den jeweiligen Themen, die die Teilnehmer dann in Kleingruppen besprechen und am Ende allen vorstellen können. Eine andere sehr beliebte Sache sind Rollenspiele, bei denen z.B. Szenen im Restaurant oder in einem Bewerbungsgespräch nachgespielt werden. Grammatik vermitteln wir nur am Rande. Die Freude am Sprechen steht bei Dialog in Deutsch im Vordergrund.

Wie viel Zeit hast du dafür investiert?

Zu Anfang hatte ich zwei Gruppen, das waren mit Aufbau etc. vier Stunden die Woche immer Mittwoch und Freitag. Hinzu kommt die Vorbereitung zuhause. Ich möchte den Leuten auch etwas bieten und habe viel Zeit in die Konzeption von Themen investiert. Aber das wird weniger, wenn man weiß wie der Hase läuft und auch mal was aus dem Fundus nehmen kann.

Hast du einen Einstiegs-Tipp für Leserinnen, die sich auch ehrenamtlich engagieren möchten?

Das geht gut über die Homepage der Hamburger Bücherhallen über den Reiter „Ehrenamt“. Dort werden verschiedene Projekte vorgestellt (Dialog in Deutsch, Bücherzwerge, Medienboten u.a.)Das Tolle ist, dass die Bücherhallen in allen Hamburger Stadtteilen vertreten sind und man so auch gut in seiner Nähe ein passendes Projekt finden kann. Wenn man sich für etwas entschieden hat, ruft man am besten bei der jeweiligen Projektleitung an und klärt alles Weitere.

Was ist das Schöne an der Arbeit?

Die Arbeit macht unglaublich viel Spaß und ist sehr bereichernd. Man lernt so viele unterschiedliche Menschen aus nahezu allen Teilen der Welt kennen und hört von ihnen so viele schöne, manchmal auch traurige, aber vor allem beeindruckende Geschichten. Und man kann so viel von ihnen lernen. Es klingt klischeemäßig, aber durch die Arbeit bekommt man wirklich sehr viel zurück. Es freut mich jedes Mal, wenn ich den Teilnehmern dabei helfen kann, ihre deutschen Sprachkenntnisse zu erweitern und sich so für sie bestenfalls die Türen zu Erfolg in Ausbildung und Beruf öffnen. Es ist ebenfalls schön zu sehen, dass unser Projekt auch als Kontaktstelle funktioniert und die Teilnehmer untereinander Freundschaften schließen. Und das Projekt hat mir auch die Möglichkeit gegeben, mich selbst weiterzuentwickeln, interkulturelle Kompetenzen zu erlangen und mir einige Fähigkeiten in der Leitung von Gruppen anzueignen. Darüber hinaus finde ich es gerade in Zeiten des Flüchtlingszustroms und der allgegenwärtigen Debatte um Integration wichtig, die Verantwortung nicht nur an die Politik abzugeben, sondern sich im Rahmen eigener Möglichkeiten selbst zu betätigen. Für jeden, der irgendwie ein bisschen Zeit übrig hat, ist es eine gute Idee, ehrenamtlich aktiv zu werden. Denn dadurch tut man etwas für andere, für die Gesellschaft und für sich selbst – das ist eine „win-win-win-Situation“. Besser geht´s nicht.

Alle Infos zum Projekt “Dialog in Deutsch” bekommt Ihr unter:
 http://www.buecherhallen.de/ehrenamt-dialog-in-deutsch


Fotos: © Paul Müller-Rode

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